Auch am Lesepult sieht man (meist ist er unter dem Parament versteckt) einen pausbäckigen Engel. Vielleicht will er uns daran erinnern: Was von diesem Lesepult aus jeden Sonntag gelesen wird, ist das Evangelium, d.h. eine frohe, fröhliche Botschaft. Von der Kanzel aus hält der Pfarrer im Gottesdienst die Predigt. Er versucht, einen Abschnitt der Bibel, hoffentlich geleitet und gestärkt von Gottes Geist, in die Gegenwart zu übersetzen. Er möchte dabei Gottes Stimme sein, die Menschen in die Nähe Gottes einlädt, die tröstet und aufrichtet. Interessanterweise ist die Pobershauer Kanzel immer unvollständig geblieben. Es fehlt etwas architektonisch wie akustisch Wichtiges: Der Schalldeckel. Woldemar Kandler hat ihn schon entworfen, aber er ist wahrscheinlich aus Kostengründen nie zur Ausführung gekommen. Mir ist, als läge darin der Hinweis auf das, was Paulus einmal geschrieben hat: "Unser Wissen ist Stückwerk." Bei allem Wirken des Geistes Gottes hängt der Predigt auch immer die menschliche Schwachheit an. Gut, wer als Prediger sich dessen bewusst ist: Beides gehört dazu, der große göttliche Auftrag, seine einzigartige Vollmacht, aber doch auch das Menschsein mit seinen Grenzen.
Kanzel
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